Heute läuft die Begutachtungsfrist für das österreichische Informationsfreiheitsgesetz aus. DOSSIER blickt nach Schweden, wo eine gläserne Verwaltung seit 1766 die Aufdeckung hunderter Skandale ermöglichte. Ein Vergleich.
Vor fünf Jahren landeten interne E-Mails, SMS, sogar Anruflisten des schwedischen Rechnungshofs in der Redaktion der Tageszeitung Dagens Nyheter. Der Schriftverkehr ist brisant und streng vertraulich. Er wird eine Krise im schwedischen Rechtsstaat auslösen. Eigentlich soll der schwedische Rechnungshof unabhängige Prüfungen der Staatsfinanzen garantieren. Wie in Österreich untersteht er dem Parlament. Die Prüferinnen und Prüfer untersuchen penibel, ob Steuergeld effizient, wirtschaftlich und sparsam eingesetzt wurde. Das Vertrauen der Schwedinnen und Schweden in die Institution war hoch – bis Dagens Nyheter ihre Recherche veröffentlicht. Den Journalisten war es gelungen, die Chefauditoren des Staats selbst zu prüfen. Den höchsten Beamten konnten Freunderlwirtschaft, Postenschacher und die Zurückhaltung kritischer Berichte nachgewiesen werden.
Die Enthüllung führte zum Rücktritt der drei Chefs und zu einer Verfassungsänderung. Doch wie kamen die Journalisten an die brisanten Unterhaltungen? Die Beweise kamen kistenweise direkt vom Rechnungshof selbst. Geschuldet ist das dem „Öffentlichkeitsprinzip“, das seit 1766 in der schwedischen Verfassung steht. Es ist das wahrscheinlich weltweit älteste Bürgerrecht, das es ermöglicht, Einsicht in fast alle Vorgänge der Behörden zu nehmen. Ganze Ermittlungsakten zählen dazu, ebenso einfache Gesprächsnotizen, egal ob als Brief, E-Mail oder Sprachaufnahme dokumentiert. Das Recht auf Einsicht gilt auch bei staatsnahen Firmen und Organisationen (zum Beispiel als Verein geführten Universitäten oder der schwedischen GIS) sowie der schwedischen Kirche. Allein die schwedische Polizeibehörde Polismyndigheten verzeichnete 2020 fast 125.000 Anfragen nach dem Öffentlichkeitsprinzip. …
https://www.dossier.at/dossiers/aktuelles/transparenz-in-schweden-und-die-lehren-fuer-oesterreich/
J.Š. 21.4.2021
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