Heute vor genau 75 Jahren wurden mein Vater (damals 9 Jahre alt), seine zwei Jahre jüngere Schwester, seine Eltern und seine kranke Großmutter aus Blottendorf (Polevsko) vertrieben.
Die Anordnung zur Vertreibung kam wenige Stunden zuvor. Das Haus musste geputzt sein, die Betten frisch überzogen und die Wertsachen (Geld, Schmuck, Sparkassenbücher usw.) auf dem Tisch liegen. Zuwiderhandlungen wurden mit dem sofortigen Tod bestraft. Mit nur 30 Kilo Gepäck und 100 Reichsmark wurden sie zum Bahnhof gejagt. Aufgrund von nachträglichen Kontrollen blieben nicht mal mehr 30 Kilo und die vollständigen 100 Reichsmark übrig. In einem offenen Viehwaggon ging es in eine unbestimmte Zukunft ...
Lastenausgleich oder eine Entschädigung haben meine Großeltern nie bekommen. Sie sind in den 1990er Jahren verstorben und hörten nicht mal eine Entschuldigung von tschechischer Seite. Mein Vater – dem als kleiner Junge sogar noch seine Holzeisenbahn bei der Vertreibung weggenommen wurde – ist heute 84 Jahre alt. Es soll uns niemand sagen, dass es nach dem Krieg zu spontanen Racheaktionen gekommen ist. Familie Hörtler wurde am 7. Juni 1946 vertrieben. Und so ging es Millionen anderen Sudetendeutschen auch. Da war der Krieg ein Jahr vorbei, Europa war dabei, wieder aufgebaut zu werden. Die Vertreibung der Sudetendeutschen war ein eiskalt geplantes und durchgeführtes Nachkriegsverbrechen.
Steffen Hörtler, 7.6.2021
https://www.facebook.com/steffen.hortler
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Schreie aus der Hölle ungehört
J.Š. 9.6.2021
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