„Die ČSR dürfte der einzige Staat der Welt gewesen sein, gegen den man durch Darstellung seiner Entstehung ,,aufiwiegeln“ konnte und sich dadurch strafbar machte... „
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1918 wurden die Deutschen gegen ihren Willen und unter Verletzung des Selbstbestimmungsrechts der Völker in das tschechoslowakische Staatsgebiet einbezogen, als zweitstärkstes Staatsvolk von der der Erstellung der Gesetzesordnung und der Verfassung aber ausgeschlossen. Dieses undemokratische Verhalten demütigte die Deutschen tief und machte es ihnen sehr schwer, sich für den neuen Staat Zu erwämen. Deswegen wurde das Denkmal des Habsburger Kaisers, Josef II., auf dem Marktplatz in Eger zum Symbol des Deutschtums. Karl Wilfert d.A. hatte es in Bronze gegossen. Den Tschechen jedoch war dieses Denkmal ein Dorn im Auge gewesen.
In der Nacht des 14. Novembers 1920 sturzten tschechoslowakische Soldaten Josef II. mit lautem Getöse vom Sockel. Aber die deutsche Bevölkerung stellte Kaiser Josef noch in der gleichen Nacht auf seinen angestammten Platz zurück und schmiedete ihn mit starken Eisenbändem an den Sockel. Der rechte Arm fehlte' dessen Hand das Toleranzpatent hielt' in dem er die Duldung des evangelischen Glaubens neben dem katholischen festgeschrieben hatte. Diesen Arm hatten die Soldaten wohl als Trophäe mitgenommen. Nichts konnte für die nächsten Jahre das angeschlagene Deutschtum und die tschechische Ueberheblichkeit besser veranschaulichen als Kaiser Josef in dieser für ein Denkmal eigenartigen Aufmachung.
Endgültige Entfernung
Laut Heribert Sturm (Eger, Geschichte einer Reichsstadt, 1952) erhielt der Stadtrat von Eger Anfang Mai 1923 den staatiichen Auftrag, binnen zwei Wochen das Kaiser-Josef-Denkmal zu entfemen. Prag hatte mit dem,,Gesetz zum Schutz der Republik", die gesetzliche Handhabe für d iese Demontage geschaffen.
Um einen Aufstand unter der Bevölkerung zu vermeiden (1921 hatte Eger 27.524 Einwohner' von denen 1.305 Tschechen waren), entschloss sich der Stadtrat am 4. Mai 1923, Kaiser Josef in der darauffolgenden Nacht nach 24 Uhr verschwinden zu lassen.
Kaum waren die ersten Hammerschläge über den Marktplatz gehallt, begannen die Glocken der evangelischen Friedenskirche zu läuten, und eine groBe Menschenmenge kam Zusammen. Nachdem die schweren Eisenbänder nach stundenlanger Arbeit gelöst waren, bildete die Menge, von Fackelträgern unterteilt, ein Spalier, durch das die Statue zu einem mit Tannengrün geschmückten Wagen transportiert wurde. Schliesslich war der Garten des Stadtarchivs ihr späterer Aufbewahrungsort. (2003 wurde die Statue ohne Arm in Franzensbad wieder aufgestellt.)
Bis gegen Ende des Jahres 1923 stand auf dem Marktplatz noch der leere Sockel des Denkmals, den ein Korb mit Blumen schmückte. Dann musste auch dieser Rest abgetragen werden.
Die Entstehung des ,,Gesetzes zum Schutz der Republik"
Ausschlaggebend für die Entstehung des ,,Gesetzes zum Schutz der Republik" war das Attentat auf Finanzminister Alois Rašín am 5. Januar 1923 in Prag gewesen. Rašín wurde von dem 19-jährigen Anarcho-Kommunisten Joseť Soupal in den Rücken geschossen. Am 18. Februar starb der 55jährige an seinen Schussverletzungen. Soupal wurde schnell gefasst und gab an, er habe nicht nur den Finanzminister, sondem das gesamte System treffen wollen.
In Regierungskeisen verbreitete dieses Attentat groBe Unruhe, der es hatte sich gezeigt, dalss der Staat verletzbar war. Auch die ausländische Presse war nicht zu überhören, die sich immer wieder mit der Unterdrückung der Deutschen in der ČSR befasste, nachdem die tschechoslowakische Regierung durch das brutale Vorgehen ihres Militärs gegen die deutsche Bevölkerung am 4. März 1919 im Ausland in Misskredit gekommen war.
Deswegen arbeitete ein Heer von Juristen fieberhaft an einem Gesetz, um den Staat gegen Bedrohungen von Innen abzusichern. Schliesslich verabschiedete die Regierung am 23, März 1923 das ,,Gesetz zum Schutz der Republik". Sogar nach 1945 war dieses Gesetz mit einigen Aenderungen wieder in Kraft gewesen.
Das ,,Gesetz zum Schutz der Republik" ist ein dickes Konvolut. Fritz Peter Habel schreibt dazu (Dokumente zur Sudetenfrage, 2003, S.319), dass sich in diesem Gesetz in interessanter Form Tatbestände, die in jedem Staat der Welt verfolgt werden (z. B. Militärischer Verrat $ 6) mit Besonderheiten mischen, die einen Eindruck von den Sorgen der ČSR vermitteln (2. B. $ 26 und $ 14).
Nach $ 26 mussten Säimtliche Denkmäler, Inschriften etc. aus der Oeffentlichkeit verschwinden, wenn sie staatsfeindlichen Charakters waren oder einem Mitglied der Familien gewidmet waren, die in Oestereich, Ungam, Oesterreich-Ungarn oder im Deutschen Reich herrschten oder ein Mitglied der Dynastien darstellten, die 1914 im Deutschen Reich regiert hatten. $ l4 verbot die Darstellung der Entslehung der Tschechoslowakischen Republik in der Oefentlichkeit. Die Darstellung wurde als ,,Aufwiegelung" gesehen und konnte bis zu zwei Jahren Gefängnis nach sich ziehen.
Dazu meint Habel: „Die ČSR dürfte der einzige Staat der Welt gewesen sein, gegen den man durch Darstellung seiner Entstehung ,,aufiwiegeln“ konnte und sich dadurch strafbar machte... „
(Edith Bergler)
Witikobrief Fever 2023, Seite 21-22
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