„Postoloprty, der Höhepunkt des Krieges.“
Hier erlaube ich mir dem Artikel von Herrn Jaroslav Sajtar ein paar Argumente hinzuzufügen, obwohl ich ihn gut finde. Auch lässt er einige falsche Informationen zu, allerdings ist es mit Herrn Vaclav Vlk keinesfalls zu vergleichen. Um welche Informationen handelt sich?
1) Die Kristallnacht in Chomutov fand morgens am 10.11.1938 statt. Es wurde nicht nur die Synagoge abgebrannt, sondern auch die jüdische Bevölkerung gepeinigt. Es ist aber ein Irrtum, dass diese Juden nach Postoloprty gejagt wurden. Man brachte sie zur Grenzlinie bei Louny, den Rest mussten sie auf allen Vieren kriechen, unter Fußtritten ihrer Begleiter. Paradox, eher unglaublich ist aber, dass sie am nachfolgendem Tag am 11.11.1938, nach sanitärer Behandlung vom Kontaktoffizier der Tschechischen Ordnungspolizei den Deutschen Behörden in Sudeten übergeben wurden, soweit sie aus dem besetzten Gebiet stammten. Jawohl, die Tschechen übergaben die gepeinigten Juden den Deutschen zurück, unbeeindruckt von ihren Protesten und ihrer Angst. Wie haben die Deutschen sie behandelt, als sie sie wieder abholen mussten? Dies ist ein typischer Fall des Antisemitismus der 2. Republik. Könnte nicht manchmal auch ein Beamter Mensch sein, wenn es sich um Menschenleben handelt? .
2) Ab 1943 existierte in Postoloprty wirklich ein Internierungslager OT39 für die jüdischen Mischlinge und die Gatten der Jüdinnen (jüdisch versippte) bis April 1945.
Niemand kann es aber mit einem Liquidierungs-KZ (wie z.B. Auschwitz-Birkenau) vergleichen, wo man keine Spur der Menschenwürde oder Existenz bewahren konnte.
Die Gefangenen aus Postoloprty arbeiteten am Flugplatzbau von Zatec waren billige und brauchbare Arbeitskraft. Übrigens finden wir überall in Böhmen und Mähren Baustellen (vorallem Strassen), wo Gefangene aus gemischtjüdischen Familien arbeiteten. Ich weiss, wovon ich schreibe, auf einer sollchen Strasse fahre ich täglich.
3) Die Worte vom Armeegeneral Klapalek im Artikel von Herrn Sajtar sind voll Servilität zur damaligen Politik und deren Spitzenpolitiker und bieten den Soldaten aus Postoloprty ein notwendiges Alibi. Ich mache darauf aufmerksam, dass es sich in Postoloprty um gefangene Zivilbevölkerung handelte, für die keine „Militärprinzipien“ Generals Klapaleks galten (es gab kein Standrecht). Dass die Soldaten der Garnison in Postoloprty die Zivilisten als ihre Frontkollegen betrachteten ist unglaublich. Auch, dass ein tschechoslowakischer Armeegeneral feststellt: „Niemand darf sich wundern, dass die Soldaten die Deutschen hart anfassten, dies ist militärisch, sowie menschlich verständlich.“ Ende Mai 1945 ist dies grauenhaft.
Ist es menschlich verständlich, dass die betrunkenen Soldaten die Ortsbevölkerung (auch die Tschechen) peinigten, ohne Auswahl vergewaltigten, ihren Grausamkeiten frönten, Galgen bauten (Haus Nr. 74 in Postoloprty)? Dass nach Ende Kriegs die Frauen ihre ermordeten Gatten begruben, die Soldaten dabei tranken und davon erzählten , es sei die übliche Militärroutine? Dass ein aus Postoloprty geflüchteter junger Mann am 5. Juni nackt auf dem Stadtring von Zatec rann, ist das normal? Und ist es militärisch und menschlich begründbar, dass er erschossen und direkt am Ring begraben wurde? Und dass zum Gefolge der Deutschen auch tschechische Geistliche einbezogen und unterwegs erschossen wurden (der Fall Na Koze zwischen Postoloprty und Zatec), ist es geläufig? Cui bono?
Bitte versuchen wir endlich ähnliche Fragen zu stellen und nicht immer zu streiten!
Zum Schluss Worte von Prof. J. Venclik, der wesentlich schrecklicheren Erfahrungen als dem Lager in Postoloprty begegnete: „Ich war Zeuge von Hunderten von Morden an Gefangenen, aber nach der Befreiung wäre niemandem von uns eingefallen, an den deutschen Gefangenen Rache auszuüben, geschweige denn an der Zivilbevölkerung.“
Petr Zemanek, Točnik, 5.9.2010
Übersetzung: Jan Kriz
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