Aus Sudetenpost am 7. Mai 2020: Vertreibungen aus den Kreisen Zlabings und Nikolsburg
Über all diese Vertreibungen gibt es etliche Zeitzeugenberichte. Darüber kann nur auszugsweise berichtet werden. Wer diese aber zur Gänze lesen will, benötigt eine große Überwindung ob der schrecklichen Taten die da geschehen sind.
So holte man aus Althart bei Zlabings am 6. Juni 1945 alle Deutschen aus ihren Häusern, mit der Erklärung, dass alle nur für 14 Tage in ein Lager kämen. Angezogen wurden nur die ältesten Kleider und es wurden keine Wertsachen mitgenommen. Man gestattete, dass die Häuser abgesperrt werden durften. Tschechische „Partisanen“ nahmen Leibesvisitationen vor, Frauen und Mädchen wurden dabei widerlichst abgetastet. Dann sagte man, dass alle nach Österreich ausgewiesen werden. Man trieb alle aus dem Dorf, aber es wurde niemand geschlagen. Einige alte Leute blieben ob der großen Hitze im Straßengraben liegen und verstarben dort. Einige Kranke wurden mit Pferdefuhrwerken, die die Tschechen requiriert hatten, transportiert. Die letzten Kilometer von der Grenze nach Neu-Riegers in Niederösterreich waren allen eine Qual, da alle zu Fuß gehen mussten. Keiner der Vertriebenen konnte zurück um Bekleidung und Wertsachen zu holen. Sie hatten nur die alte Bekleidung an, die sie angezogen hatten - mehr nicht!
In Nikolsburg zogen vor allem jugendliche tschechische Partisanen am 22.5.1945 johlend in die Stadt ein. In der Nacht werden zahlreiche Männer aus den Betten geholt, sie werden blutig geschlagen und im Gymnasium eingesperrt. Dann wird verlautbart, dass sich am nächsten Tag alle Pensionisten, Staats- und Privatangestellten dort einfinden müssen. Alle werden einem scharfen Verhör unterzogen und unter wüsten Beschimpfungen und Hieben wird ihnen bei der Leibesvisitation alles abgenommen. Am Abend wird jeder Einzelne bewacht in die Wohnung geführt, wo er eine Viertelstunde Zeit hat mit Frau und Kind einige Habseligkeiten einzupacken. Die Hausschlussel müssen den Bewachern übergeben werden. Es geht wieder zurück ins Gymnasium und es heißt, dass alle an der Grenze überstellt werden.
Am25.5. um 11 Uhr werden etliche nach Hause geschickt. Man sagt die Ausweisung sei nicht zu Recht erfolgt und es sollten auch alle die Österreich nicht aufnehmen will, zurückgeholt werden, was aber nicht geschah, man ließ sie im Niemandsland zurück. Am 30.5. bringen zahlreiche Familien ein whig Habe auf Kinderwagen oder sonstwie zur Grenze, wo ihnen noch viel abgenommen wird. Die osterreichischen Behorden verweigern jedoch den Eintritt, sie müssen auf offener Straße kampieren. Zwei Tage später erleben sie den Todesmarsch der Brunner die wie eine wankende Viehherde vor Ermattung taumelnd mit Schlägen zur Grenze getrieben werden. Etliche der tschechischen Begleitpersonen zeigten menschliche Gefühle und reichten den Verschmachteten Wasser, darunter auch von der mitleidigen Bevölkerung, das ihnen jedoch vor allem von den Halbwüchsigen aus der Hand geschlagen wurde. Viele Nikolsburger Arden interniert und es folgten Verhöre, gegenseitiges angeordnetes Ohrfeigen - und wenn diese nicht entsprachen, so wurde mit dem Gummiknüttel und Gewehrkolben „nachgeholfen“. All dies dauerte vier Tage.
All diese Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind namentlich bekannt, wurden aber nie verurteilt. Auch der Sohn des Bürgermeisters war unter diesen. Etliche Arden zu Erntearbeiten eingeteilt und kamen dann wieder ins Lager. Dort verblieb der Großteil der deutschen Bevölkerung noch monatelang, bis im Jahre 1946 die „geregelte“ Zwangsverschickung begann: Diese umfasste vom 17. März bis 25. Oktober 1946 insgesamt 17 Transporte mit 19.638 Personen aus dem Kreis Nikolsburg. Schon vorher hatte man rund 44.000 einfach wild über die österreichische Grenze getrieben, so ein Originalbericht.
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Zitat zur Lage
„Wer es noch nicht getan hat, sollte jetzt Abschied nehmen von der Vorstellung, Europa konnte zu einer europaischen Version der Vereinigten Staaten von Amerika werden. Die Reaktion auf die Pandemie hat offenbart: Die nationalen Reflexe lassen das nicht zu, es bleibt bei einer Union von Nationalstaaten. Das kann es auch.“
Aus einem Brief an die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ zum Thema „Corona-Solidarität in Europa“.
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J.Š. 7.5.2020
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