Tschechen wütend, weil EU-Parlament Benes-Dekrete wieder thematisiert
Wer sich kritisch äußert über die Benes-Dekrete, auf deren Grundlage 1945 Millionen Sudetendeutsche und Ungarn enteignet und aus der damaligen Tschechoslowakei vertrieben worden waren, der gilt in Prag als Faschist. Deshalb „müssen“ tschechische Politiker jetzt wieder die Faschismuskeule schwingen. Denn der Petitionsausschuss des Europaparlaments hat — wie gestern vom VOLKSBLATT exklusiv berichtet — zwei Petitionen angenommen, in denen die Aufhebung dieser Dekrete verlangt wird.
Zwar bedeutet das noch lange nicht, dass die EU-Volksvertreter die Forderung der Sudetendeutschen Landsmannschaft und eines ungarischen Bürgers übernehmen, aber in Prag ist offenbar Feuer am Dach. Jan Zahradil, EU-Abgeordneter der regierenden Demokratischen Bürgerpartei (ODS) wettert gegen diesen „Exzess“. Sein sozialdemokratischer Kollege Libor Roucek, meint, „ungarische Faschisten und Nationalisten versuchen aus innenpolitischen Gründen diese Karte zu spielen“.
„Ungarischer Faschist“ lässt sich Peter Ludwig freilich nicht schimpfen, und das nicht nur, weil er gar kein Ungar ist. Der Obmann der Sudetendeutschen in Oberösterreich wohnte vorgestern der Sitzung des Petitionsausschusses bei und zeigt sich gegenüber dem VOLKSBLATT erfreut, dass beide Petitionen angenommen wurden.
Obwohl tschechische Politiker am lautesten protestieren, zielt der Ausschuss eigentlich mehr auf die Slowakei. Denn während die gegen Prag gerichtete Petition nur zur Weiterbehandlung angenommen wurde, beschlossen die EU-Abgeordneten im Fall der Petition aus Budapest mit knapper Mehrheit sogar, von Pressburg Aufklärung darüber zu verlangen, warum das dortige Parlament im Jahr 2007 die Benes-Dekrete für unantastbar erklärt hatte.
Noch ein über jeden Faschismusverdacht erhabener Oberösterreicher freut sich: „Die ÖVP hat sich seit jeher für eine vorbehaltlose Aufhebung der Benes-Dekrete ausgesprochen“, sagt ÖVP-Vertriebenensprecher Michael Hammer. Der oö. NR-Abgeordnete findet die Entscheidung des Petitionsausschusses daher „umso erfreulicher“.
http://www.volksblatt.at/index.php?id=99261&MP=61-9395
P.S.
Ein Philosoph (R. D. Precht) beschrieb neulich im TV, wie sich gesellschaftliche Veränderungen vollziehen: „Erst wird eine Sache bestritten, dann wird sie bekämpft und dann wird sie zur Selbstverständlichkeit.“
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