… Als Nebenprodukt meiner genealogischen Recherchen bin ich vor einiger Zeit auf interessante Interpellationen an Minister und Ministerien der tschechoslowakischen Republik in den Jahren von 1920 bis 1938 gestoßen, die ein zeitgeschichtliches Spiegelbild der tatsächlichen Zustände in der von vielen Historikern hoch gelobten Demokratie des jungen „Nationalstaates“ darstellen, von dem selbst Masaryk zugeben musste: „Jetzt haben wir die Demokratie, es fehlen nur noch die Demokraten“. …
Sehr geehrter herr Knoblich,
Als Nebenprodukt meiner genealogischen Recherchen bin ich vor einiger Zeit auf interessante Interpellationen an Minister und Ministerien der tschechoslowakischen Republik in den Jahren von 1920 bis 1938 gestoßen, die ein zeitgeschichtliches Spiegelbild der tatsächlichen Zustände in der von vielen Historikern hoch gelobten Demokratie des jungen „Nationalstaates“ darstellen, von dem selbst Masaryk zugeben musste: „Jetzt haben wir die Demokratie, es fehlen nur noch die Demokraten“. Wie es um die Demokratie wirklich bestellt war, zeigt sich nämlich in den zahlreichen Interpellationen der deutschen Parteien in der Tschechoslowakei an die damaligen Minister und Ministerien, die allerdings ohne Wirkung blieben, da die Regierung alles unterließ, um der Behördenwillkür Einhalt zu gebieten. Auf der Grundlage eines krankhaften Nationalismus wollte man mit aller Gewalt auch in den rein deutschen Gebieten die Tschechisierung erzwingen. Allein durch das 1920 „durchgepeitschte“ Sprachengesetz verloren über 32.000 Deutsche ihren Arbeitsplatz. Mit der Schulpolitik und einer ganzen Reihe von Gesetzen, die sich gegen die Deutschen richteten, verschärfte sich der Gegensatz sogar im Parlament, als in der ersten Sitzung des 1935 neu gewählten Parlaments die Abgeordnete Frána Zeminová von der Beneš-Partei) ihren deutschen Parlamentskollegen im Zustand höchster Erregung zurief: „Wir haben euch gejagt und wir werden euch jagen und werden nicht früher ruhen und nicht rasten, bis die Staatsgrenze und Sprachgrenze übereinstimmend über die Kämme des Erz- und Riesengebirges verlaufen.“ Es ist also nicht verwunderlich, dass selbst der Präsident schließlich öffentlich zu Mord und Totschlag aufforderte und bei den Behörden überall im Land willfährige Helfershelfer fand. In der Anlage sind zwei Beispiele von Interpellationen zu Ihrer Information beigefügt.
Durch Zufall bin ich übrigens auf eine „Digitale Bibliothek“ (Společná česko-slovenská digitální parlamentní knihovna) gestoßen, die u. a. deutsche Stenoprotokolle aus der Abgeordnetenkammer und aus dem Senat des tschechoslowakischen Parlaments enthält aus der Zeit von 1920 bis 1938. Die Bearbeitung dieser sehr umfangreichen Dokumentation mit über 15.000 Seiten wird einige Zeit in Anspruch nehmen. Vorgesehen ist eine Übertragung auf DVD.
Als Beispiel finden Sie in der Anlage Auszüge aus einer Rede des Abgeordneten Jung vom 28. Januar 1927 in der Abgeordnetenkammer des tschechoslowakischen Parlaments.
Mit freundlichen Grüßen
Rudolf Heider
Von: Rudolf heider [Tato e-mailová adresa je chráněna před spamboty. Pro její zobrazení musíte mít povolen Javascript.]
Gesendet: Mittwoch, 14. November 2012 20:33
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Betreff: Interpellationen und Stenoprotokolle aus der Zeit von 1920 - 1938
Was ist die Mehrheit?
Mehrheit ist der Unsinn.
Verstand ist stets bei wenigen nur gewesen.
Bekümmert sich ums Ganze, wer nichts hat?
Hat der Bettler eine Freiheit, eine Wahl?
Er muss dem Mächtigen, der ihn bezahlt, um Brot und Stiefel seine Stimm' verkaufen.
Man soll die Stimmen wägen und nicht zählen.
Der Staat muss untergehn, früh oder spät, wo Mehrheit siegt und Unverstand entscheidet.
(Sapieha)
Friedrich von Schiller, Quelle: Demetrius
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