Kaum hat der Papst seinen Rücktritt erklärt, beherrschen Spekulationen über die Papstnachfolge die Medien. Der sudetendeutsche Wiener Erzbischof Christoph Schönborn wird in der heutigen Ausgabe der iDNES.cz Zprávy zum Wunschkandidaten der Tschechen gekürt. In der nordböhmischen Gemeinde Vlastislav, wo der Wunschkandidat 1945 geboren wurde, sähe man diesen Mann gern an der Spitze der katholischen Kirche in Rom, denn er ist ein „Landsmann“, auf den man stolz sein kann, so die Bürgermeisterin des Dorfes mit 150 Einwohnern Marie Kubíková.
Man höre und staune! Ist Christoph Schönborn seit heute etwa ein „echter“ Tscheche, einer von „uns“? Nachdem noch vor wenigen Tagen erfolgreich mit antisudetendeutschen Parolen ein tschechischer Präsidenten-Wahlkampf geführt wurde, ist das kaum vorstellbar. Als unser aller barmherziger Heiliger Vater würde Schönborn gewiss darüber hinwegsehen, dass dieser Artikel Worte des Bedauerns vermissen lässt, darüber, dass er mit seinen Eltern 1945 gezwungen wurde, die Heimat zu verlassen und hier die Vertreibung seiner Familie geradezu verniedlicht wird. Weiß er doch zu gut, dass den Armen und Trauernden Trost und das Himmelreich zugesichert wurden und die Bösen nicht wussten, was sie taten. Er zumindest wird verkraften, dass es in diesem Artikel schlicht heißt, die Familie Schönborn sei kurz nach dem zweiten Weltkrieg, nach der Bekanntmachung der Benes-Dekrete, aus der damaligen Tschechoslowakei „weggegangen“. Nun ist er wieder einer von „uns“ - oder doch einer von „uns allen“, von uns Böhmen? Gewiss aber einer „für“ uns alle!
Jan Šinágl, 14.2.2013
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Ein Dorf bei Lobositz hofft, dass der nächste Papst sein berühmter Landsmann wird
13. Februar 2013
Die Gemeinde Vlastislav nicht weit von Lobositz würde gerne als der Geburtsort des nächsten Oberhauptes der römisch-katholischen Kirche in die Geschichte eingehen. Aus dem Dorf kommt nämlich der Wiener Erzbischof und Kardinal Christoph Schönborn, von dem man nach der bekanntgegebenen Resignation Benedikts XVI. als von einem der möglichen Papstnachfolger spricht.
„Er ist unser Landsmann und wir sind sehr stolz auf ihn, “ sagt die Bürgermeisterin des Dorfes mit 150 Einwohnern Marie Kubíková.
Kardinal Schönborn wurde im Januar 1945 in Vlatislavicer Schloss Skalka geboren. Er entstammt einem Adelsgeschlecht, dem in Böhmen außer dem Schloss auch Bauernhöfe in Dlažkovic im Leitmeritzer Kreis gehörten.
„Es ist ein sehr angenehmer Mensch mit aufrichtigen schönen Augen. Er machte einen großen Eindruck auf mich,“ erinnert sich Bürgermeisterin Kubíková an den Erzbischof, den sie vor ungefähr fünf Jahren während seines Besuches von Vlastislav getroffen hat.
Die Familie Schönborn ist kurz nach dem zweiten Weltkrieg aus der damaligen Tschechoslowakei weggegangen, das Land hat sie nach der Bekanntmachung der Benes-Dekrete verlassen. Der Kardinal hat aber seine Heimat nicht vergessen, er hat sie wiederholt noch während des vergangenen Regimes besucht.
„Er hat zu Böhmen/Tschechien ein herzliches Verhältnis. Er gehörte zu den Theologen aus dem Westen, die in die Tschechoslowakei zu geheimen Priestervorträgen reisten, “ sagt der Präsident der Tschechischen christlichen Akademie Tomáš Halík.
Es wäre eine Auszeichnung für uns, sagt der Leitmeritzer Bischof
Die Mutter des Erzbischofs Eleonora Ottilie kehrte nach Vlastislav zum ersten Mal im Herbst 2004 zurück. „Es ist eine unglaublich vitale Dame, die ihre Muttersprache nicht verlernte,“ erinnert sich an das Treffen mit ihr Marie Kubíková, die schon damals Bürgermeisterin war.
Als um einige Jahre später Bürgereisterin Kubíková Kardinal Schönborn traf, erwartete sie eine Überraschung. „Seine Mutter ist mit ihm nicht mehr gekommen, aber er hat mir von ihr auf Tschechisch einen Gruß ausgerichtet. Es war offensichtlich, dass er zu ihr eine tiefe Beziehung hat, “ bemerkte Kubíková.
Erzbischof Schönborn fand damals auch Zeit zur Zusammenkunft mit den Einheimischen. In Vlastislav erinnert an ihn ein Eintrag in das Gästebuch auf dem Schloss, in der Gemeinde ist die Dokumentation über seine Herkunft aufbewahrt.
„Sie wurde in Wien bei der Gelegenheit seines 60. Geburtstages herausgegeben. Es ist darauf das Schloss abgebildet und das Fenster des Raumes, wo er geboren wurde, angezeigt, “ erwähnte die Bürgermeisterin.
Zum potenziellen Kandidaten auf den päpstlichen Stuhl hat sich für MF DNES auch der Bischof der Leitmeritzer Diözese Jan Baxant geäußert.
„Ich kenne Herrn Kardinal Christoph Schönborn, es freut mich sehr, dass er in unserer Diözese geboren wurde. Es wäre für uns Tschechen, und besonders für die Leitmeritzer Diözese eine Auszeichnung, wenn ein Landsmann aus unserem Land zum Papst werden würde,“ fügte Bischof Baxant hinzu.
Schönborn hat eine Chance, ein Favorit ist er aber nicht
Tomáš Halík wertet die Chancen Kardinals Schönborn, zum Papst gewählt zu werden, nüchtern aus. „Er ist einer der besten Schüler von Joseph Ratzinger, er hätte sicherlich die Qualifikation dafür und er ist eine von den Persönlichkeiten, von denen man spricht“, überlegt der Theologe Halík.
Eine größere Chance haben aber wahrscheinlich andere Namen. In Anbetracht dessen, dass der katholische Glaube außerhalb Europas am lebendigsten ist, erwartet man eher, dass der neue Papst aus Afrika oder Lateinamerika kommen wird.
Kardinal Schönborn könnte auch der Umstand benachteiligen, dass nach Benedikt XVI. die deutschsprachigen Länder einen weiteren Papst in der Reihe hätten.
Nach dem Leitmeritzer Bischof Jan Baxant sind aber die Chancen des Erzbischofs Schönborn immer noch offen. „Selbstverständlich könnte ich mir ihn als Papst vorstellen. Diese Dinge sind aber viel komplizierter, weil es Tatsachen des Heiligen Geistes sind. Jeder Kardinal ist ein möglicher Favorit, potenzieller Papst, “ sagt Bischof Baxant.
Es ist sicher, dass sein Heimatdorf Vlastislav Kardinal Schönborn die Kür wünschen wird. „Ich werde ihm die Daumen drücken. Er ist eine große menschliche Persönlichkeit, die ein Gewinn für die Kirche und Öffentlichkeit wäre, “ bemerkte Bürgermeisterin Kubíková.
Autor: Jan Horák
http://zpravy.idnes.cz/volba-noveho-papeze-04t-/domaci.aspx?c=A130212_154133_usti-zpravy_alh
Übersetzung des Artikels von Jiří Blažek:
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