Jan Šinágl angažovaný občan, nezávislý publicista

   

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Citát dne

Karel Havlíček Borovský
26. června r. 1850

KOMUNISMUS znamená v pravém a úplném smyslu bludné učení, že nikdo nemá míti žádné jmění, nýbrž, aby všechno bylo společné, a každý dostával jenom část zaslouženou a potřebnou k jeho výživě. Bez všelikých důkazů a výkladů vidí tedy hned na první pohled každý, že takové učení jest nanejvýš bláznovské, a že se mohlo jen vyrojiti z hlav několika pomatených lidí, kteří by vždy z člověka chtěli učiniti něco buď lepšího neb horšího, ale vždy něco jiného než je člověk.

 


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Jan Šinágl,
předseda SODALES SOLONIS o.s.

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Sudetsti NemciWir Kinder der Vertriebenen kennen keine Stunde null. Ein Erfahrungsbericht

Ich bin ein Heimatvertriebener der zweiten Generation. Wir kamen zufällig dort auf die Welt, wo unsere Mütter gestrandet waren. Wie sehr ihre Verlusterfahrung auch unsere Identität bestimmte, ist bisher nur wenig beleuchtet worden. Für uns Flüchtlingskinder gab es ebenso wenig eine Stunde null wie für die Vertriebenen selbst. Wir wuchsen mit einem entfernten Kulturraum auf, der uns als unser eigentlicher vermittelt wurde. Als Nachgeborener sog ich gierig auf, was die Großmutter aus einer unwiederbringlich verloren gegangenen Welt berichtete: Wie schön sie es doch hatten in ihrem Jugendstilhaus mit dem hellen Wintergarten, der tschechischen Köchin und der Sommerfrische in den Beskiden. Dass dabei Idealisierungen nicht ausblieben, störte uns nicht. Es musste das Paradies gewesen sein, aus dem meine Vorfahren vertrieben wurden. Und am Paradies lässt sich keine wie auch immer geartete Gegenwart messen.

In mir schlummert das Heimweh nach einer Stadt, in die ich noch nie einen Fuß setzte. Es ist ein weitergereichter Schmerz, ein Erbleiden. Meine Familie mütterlicherseits sind Sudetendeutsche und wurden 1945 aus ihrer Heimatstadt Brünn vertrieben, wo unsere Vorfahren seit dem 16. Jahrhundert ansässig waren.

Keine Bange: Ich stelle keine Gebietsansprüche an einen Sehnsuchtsort, der nur in meiner Phantasie existiert. Bereiste ich die mährische Metropole, würde ich schnell erkennen, wie fremd mir dieses Brünn ist, das heute Brno heißt. Erlöst von meinem Heimweh wäre ich dennoch nicht. Denn meine verlorene Heimat ist gebaut aus den Kindheitsgeschichten der Mutter und der Großeltern, ihren Erzählungen, die mein frühes Leben prägten. Da hilft es auch nicht, Trost in der politisch korrekten Frage zu suchen, ob meine Familie nicht aus gutem Grund verjagt worden ist. Es gibt nirgends gute Gründe dafür, dass Menschen ihre Heimat gewaltsam verlassen müssen, allenfalls nachvollziehbare Motive.

Die Integration meiner mütterlichen Familie im fränkischen Hohenlohe gelang relativ rasch und problemlos. Man hatte wieder Fuß gefasst, doch der Kopf blieb immer noch in der alten Welt verhaftet. Vor allem die Großeltern trauerten der alten Heimat nach. In meinem Besitz ist noch ein Foto, wie die beiden „fesch“ gekleidet verloren am Stuttgarter Bahnhof stehen. Das war beim ersten Vertriebenentreffen 1950. Wenn sich die Familie zu größeren Festen traf, wähnten sich alle wieder in Brünn. Bilder und Geschichten flackerten auf, die sich in den Köpfen der Kinder neu zusammenfügten. Anheimelnd fremd der mährische Zungenschlag oder wenn die Mutter mit der Großmutter Tschechisch sprach, wenn wir etwas nicht verstehen sollten. Der Retro-Impuls war Stolz und Trotz zugleich. Verstärkt wurden sie durch die Erfahrung, die die Vertriebenen mit den Alteingesessenen machten. Die Flüchtlinge wurden als Zwangseinquartierte nur widerwillig aufgenommen und waren dumpfen Vorurteilen ausgesetzt.

Ein Beispiel: Meine Großeltern arbeiteten in Brünn als Lehrer an einer evangelischen Schule. In der fortschrittlichen österreichischen k.u.k.- Monarchie wurden Frauen früh zu einem Pädagogikstudium zugelassen. Das Schulsystem war weniger rückständig als in Württemberg, wo vier Dorfschulklassen in einem Raum von einem Schulmeister unterrichtet wurden. Als die Großeltern in Hohenlohe wieder unterrichten wollten, glaubten die Schulräte offenbar, es mit Hinterwäldlern aus dem böhmischen Forst zu tun zu haben. Mein Großvater musste im Alter von 57 Jahren neue Lehramtsprüfungen über sich ergehen lassen. Für meine Großmutter war die Schulkarriere beendet. Sie litt sehr darunter. Zumal sie es anderswo geschafft hätte: Mit ihrem Sohn wurde sie auf dem „Todesmarsch“ von Brünn nach Wien getrieben, auf dem Tausende Sudetendeutsche starben. Sie hatte Glück. Weil mein Onkel an Fieber litt, durfte sie die mörderische Strecke auf einem britischen Militärjeep zurücklegen. Im steirischen Langenwang fand sie bald eine Lehrerstelle. In den Vertreibungswirren war die Familie auseinandergerissen worden. Erst 1946 fand sie sich unter den abenteuerlichsten Umständen in Hohenlohe wieder zusammen. Dorthin hatte sich meine Mutter mit Verwandten zu deren Geschäftsfreunden durchgeschlagen.

Von einer Metropole mit Straßenbahnen, Cafés und Opernhaus in ein bäuerlich rückständiges Gebiet zu geraten war ein Kulturschock. Für uns Kinder lag in der verordneten Bewusstseinsspaltung unserer Altvordern eine Chance: Wir bildeten eine doppelte Identität aus. Sie ermöglichte es uns, je nach Belieben eine Seite unserer kulturellen Identität gegen die andere auszuspielen. Gefiel uns etwas nicht, in der Schule oder beim Streit mit den Freunden, brachten wir ins Spiel, dass wir gar nicht von hier seien und bald wieder gehen würden. Wenn schon meine Vorfahren von der Geschichte umgetopft wurden, sollte fortan meine Maxime sein, nirgendwo mehr Wurzeln zu schlagen, sich weder festzusetzen noch festzulegen.

Gegenbeispiele unter uns Flüchtlingskindern gab es auch: Andere reagierten mit Überanpassung an die neue Heimat; den fränkischen Dialekt und die dortige Lebensart verleibten sie sich besonders intensiv ein. Kein Einheimischer wäre je auf die Idee gekommen, sie seien nicht aus dieser Gegend. Mir gelang das nicht: Da mein Vater nur noch sehr wenige entfernte Verwandte hatte und die mütterliche Linie die Familienkultur dominierte, erschien mir das Schwabenland, aus dem mein Vater stammte und von wo es ihn ins fränkische Hohenlohe verschlug, entlegener als die mährische Schimäre Brünn. Erst spät in meinem Leben brachte ich Vaters Land und Mutters Sprache auf einen Nenner.

Eines imponierte mir an dieser Familie mütterlicherseits besonders: Nachdem sie alle Besitztümer zurücklassen mussten, klebten sie nicht mehr an materiellen Gegenständen. Zum Leidwesen meiner Frau hängt mein Herz nur an teuren kleinen Dingen, die sich leicht transportieren lassen. Lange besaß ich einen Lederkoffer, in dem ich alle lieb gewonnenen Sachen verstaute, für den Fall, dass es brennt oder ich weiterziehen muss. Eine Neurose aus zweiter Hand. Nicht von ungefähr sind unter meinen Bekannten viele Kinder aus Flüchtlingsfamilien, auch aus jüdischen. Mit israelischen Freunden teile ich die Vorliebe, über Doppelidentitäten und politische Utopien nachzudenken. Ou topos heißt: kein Ort.

Zuweilen gerate ich im Tagtraum in meine imaginäre Heimat: Dann sehe ich mich wieder als Knabe vor dem Plattenspieler meiner Großmutter stehen. Auf dem Teller dreht sich der Brünner Heldentenor Leo Slezak: „Auf der Heide blühn die letzten Rosen“. Mit Inbrunst singt der Fünfjährige die Zeile mit, die Großmutter planmäßig zu Tränen rührte: „Holde Jugend, holde Jugend, kämst du einmal doch zu mir zurück.“

http://www.christundwelt.de/themen/detail/artikel/meine-heimat-bleibt-ein-traum/

 

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