… Fazit: Verständigung (das Wort „Versöhnung“ kann ich nicht mehr hören) kann es nur geben, wenn man ehrlich miteinander umgeht. …
Wien/Verona, am 4.Juli 2016
Die meisten wissen wahrscheinlich, dass ich in über vierjähriger Arbeit im Reichenberger Archiv die Ansiedlung, die Rolle und das Schicksal der Reichenberger jüdischen Bevölkerung dokumentiert habe (http://www.lit-verlag.de/isbn/3-643-11737-3) .
Grund für diese aufreibende und seelisch sehr belastende Arbeit war meine tiefe Verwurzelung mit meiner Heimatstadt, mein Interesse an ihrer Geschichte und mein zwingendes Bedürfnis die Wahrheit aufzuklären.
Die jüdische Gemeinde in Reichenberg war mir dafür natürlich dankbar, sie lud mich zum Shabbat und zu ihren Festlichkeiten ein, wir hatten ein herzliches Verhältnis.
Seit einigen Jahren sprach man davon, auch in Reichenberg Stolpersteine legen zu wollen. Selbstverständlich stellte ich die von mir dokumentierten Daten zur Verfügung und auch ich äußerte die Absicht vier Steine für eine jüdische Familie legen zu wollen. So sollten am 17. August d. J. insgesamt 17 Steine verlegt werden. Aus den USA sagte eine Überlebende ihre Anwesenheit mit gesamter Familie an.
Nun erhielt ich die Nachricht, dass der deutsche Autor der Stolpersteine nicht bereit sei, diese in Reichenberg zu verlegen, weshalb man ähnliche Steine von einer Brünner Firma anfertigen lässt und diese am 17. August von der städtischen Baufirma verlegt werden. Da die tschechischen Übersetzer zudem Schwierigkeiten hätten, das Wort „Stolperstein“ zu übersetzen, habe man den Begriff „Kameny zmizelých“ = „Steine der Verschwundenen“ gewählt.
Derlei Schwierigkeiten in anderen Sprachen sind mir nicht bekannt. Ins Englische wurden die Stolpersteine wörtlich und problemlos als „Stumbling Stones“ und ins Italienische ebenfalls wörtlich als „Pietre d’Inciampo“ übersetzt. Konsequenterweise und im Einklang mit ihrem Namen „Steine der Verschwundenen“ würden sie in Reichenberg nur für diejenigen verlegt, die umgekommen sind, nicht aber für Überlebende, wie dies in Deutschland und anderswo geschieht.
Auf meine Rückfrage bei www.stolpersteine.eu kam die postwendende Antwort, dass man selbstverständlich bereit war und ist, in Reichenberg Stolpersteine zu verlegen und nun erstaunt ist, dass ein kopiertes Projekt läuft.
Ich teilte der Jüdischen Gemeinde mit, dass ich mich an diesem Projekt nicht beteilige weil ich grundsätzlich keine Fälschungen kaufe, noch dazu zum Originalpreis, und auch der Einladung anwesend zu sein nicht nachkommen werde. Im übrigen äußerte ich Entsetzen und Abscheu über die Vorgehensweise.
Man bemüht sich nun bestürzt um Schadensbegrenzung und führt obige Gründe an.
Die Überlebende aus USA, die Steine vor ihrem Elternhaus legen lassen will und nun nicht darf und mit der ganzen Familie kommen will, ist verwirrt und verstört.
Für uns, die wir die Umstände kennen, liegen die Gründe auf der Hand.
Die „Steine der Verschwundenen“ sollen keinen Zweifel daran aufkommen lassen, dass die Betreffenden nie mehr vor ihren Häusern auftauchen und Restitutionsansprüche stellen werden. Auf gar keinen Fall wird man durch Steine vor den Häusern darauf hinweisen, dass es noch lebende, rechtmäßige Eigentümer oder deren Nachkommen gibt.
Dass auf die sudetendeutschen Juden die Benešdekrete angewandt werden, ist bekannt.
Fazit: Verständigung (das Wort „Versöhnung“ kann ich nicht mehr hören) kann es nur geben, wenn man ehrlich miteinander umgeht.
Ich wollte Sie/Euch über diese meine Erfahrung informieren, auch im Hinblick auf den Rechtsstreit mit der SL wegen der Satzungsänderung.
Herzliche Grüße aus Italien
Isa Engelmann
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Sudetendeutscher Pressedienst (SdP)
Österreich
4.7,2016
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