Für etwas Aufruhr sorgte jüngst eine Dokumentation des russischen Staatsfernsehens über den Warschauer Pakt. Darin wird nämlich die Zerschlagung des Prager Frühlings durch sowjetische Truppen im August 1968 verteidigt. Die Tschechen, so heißt es da, hätten undankbarer Weise auf diejenigen geschossen, die sie 1945 befreit und 1968 vor dem bevorstehenden Einmarsch der NATO gerettet haben. Denn die Invasion sei ja nichts anderes gewesen. Während die gesamte Politelite des Landes aufschrie und Außenminister Zaorálek den russischen Botschafter zu sich zitierte, sendete das Tschechische Fernsehen eine Reportage, in der sie die geschichtsverfälschende Dokumentation auseinandernimmt.
Dabei sollte sich der Sender selbst an die Nase langen. Seine Reallity-show „Urlaub im Protektorat“, dessen 8 Folgen im Laufe der Zeit immer peinlicher wurden, ist aus historischer Sicht auch nicht gerade ein Meisterstück. Die Show zeichnete mehr oder weniger die alten Schwarz-Weiß-Bilder der kommunistischen Propaganda nach. Hier der gute Tscheche, da der böse Deutsche. Jenseits von Gut und Böse dann die Sudetendeutschen, die die armen Tschechen quälten, bis die tapferen Russen sie befreiten. Na Zdraví, Na Zdarowje und Na Zdar!
Gut, dass nicht nur die Einschaltquoten, sondern vor allem die vergangenen Wochen gezeigt haben, dass dieses einfache und dumpfe Bild einfach nicht mehr passt. 70 Jahre nach der Vertreibung sind viele, vor allem junge Tschechen neugierig geworden und gewillt, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen. Die Bedauernserklärung und der Gedenkmarsch von Brünn haben dabei gezeigt, dass es auch an höherer Stelle den Willen gibt, sich offen der Geschichte zu stellen.
Prag, am 14. Juli 2015
Alexandra Mostýn
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Quelle: Landesecho Prag vom 18.6.2015, Seite 8
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