Sehr geehrter Herr Trenkler,
in Ihrer Kolumne „Trenklers Tratsch“ im Kurier vom 21.12.2015, geht einiges Durcheinander – sicher auch durch teilweise verwirrende Anfragestellung an Minister.
Als Bundesobmann der „Sudetendeutschen Landsmannschaft in Österreich (SLÖ)“ vertrete ich die Interessen der 1945/46 kollektiv vertriebenen rund 180.000 Landsleute aus ihrer acht Jahrhunderte angestammten Heimat in Böhmen, Mähren und Österr.Schlesien. Jahrhunderte waren diese Gebiete im Rahmen der Österr-Ungar.Monarchie und wir Staatsbürger dieses Landes, dienten in der KuK-Armee – die Egerländer und das Znaimer IR 99 gehörten zu den Tapfersten, mit dem höchsten Blutzoll, Böhmen hatte den höchsten Industrieanteil der Monarchie und viele Sudetendeutsche studierten in Wien und waren als Professoren, Wissenschafter, Unternehmer, Schriftsteller, Ärzte und Politiker hier auch nach dem Ersten Weltkrieg - als sie gegen ihren Willen 1918 in die ČSR gepreßt wurden - erfolgreich für Österreich tätig.
Da geht es einmal
a) um die Österreicher mit „sudetendeutschen Wurzeln“ – das sind in Wien rund 500.000! Sie kamen – im eigenen Land der Monarchie – meist in die Reichs-und Residenzhauptstadt und vielen gelang es eine Karriere zu machen, und
b) um die „Sudetendeutschen die 1945 vertrieben wurden und eine neue Heimat gefunden haben“: diese Wertschätzung wurde und wird immer wieder von höchsten Vertretern der Politik mit dem Lob an dem großen Anteil am Wiederaufbau der 2.Republik angesprochen. Aber auch bei der österr. Bevölkerung mußten die Vertriebenen, die mit nichts anfangen mußten, sich erst beweisen – sie wurden selten freundlich aufgenommen – das gelang, man sprach später mit Hochachtung wegen ihrer Tüchtigkeit und ihrem Einsatzwillen!
Es ist eine Identitätsfrage für die Vertriebenen und deren Kinder und Kindeskinder – die im eigenen Kulturvolk aufwachsen – dass „Persönlichkeiten mit sudetendeutschen Wurzeln“ auch als solche benannt werden, wenn über sie Ausstellungen gemacht werden wie über die Maler Gustav Klimt (Vater stammt aus Böhmen und warZiseleur), Egon Schiele (seine Mutter stammte aus Krummau in Südböhmen, wohin sich der Maler öfters auch zurückzog) und Oskar Kokoschka (er war Sohn eines Pragers Goldschmiedes und starb 1980!). Tatsache ist, dass man sich gerne mit „fremden Federn“ schmückt und es sind halt immer „Österreicher“ – was stimmt, aber eben nur die halbe Wahrheit ist!
Wenn Verteidigungsminister Gerald Klug sich als „unzuständig“ für eine Würdigung des altösterr. Arztes und Schriftstellers Ernst Weiss beruft, dann sei daran erinnert, dass dieser 1884 in Brünn geboren wurde, 1940 in Paris starb und immerhin Schiffsarzt und im Ersten Weltkrieg Regimentsarzt war – es stimmt, damals hatte Österreich eine bedeutende Marine gegen heute, aber man ist ja sonst für Erinnerungskulturpflege! Dazu würde passen, dass Weiss 1936 aus Berlin nach Paris emigriert, wo er sich beim Nahen der Deutschen Wehrmacht das Leben nahm! Der expressionistische Erzähler und Dramatiker der auch Freud Kafkas in Prag war – schrieb Romane wie „Die Galeere“, „Tiere in Ketten“ und „Mensch gegen Menschen“, Arztromane („Georg Letham“) und Schilderungen von Menschen in Ausnahmesituationen.
Unterm Strich kann man sagen, dass die Anfragen von NR-Abg.Anneliese Kitzmüller wenigstens im Kurier zu einem üblicherweise „Tabuthema“ geführt hat – und das ist gut so!
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Zeihsel
Bundesombann
Sudetendeutscher Pressedienst (SdP)
Österreich
Wien, am 23.Dezember 2015
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