Die gestrigen Ereignisse in Novy Bor sowie alles, was ihnen vorausging, sind für mich nicht einfach zu beurteilen, weder unter menschlichen Gesichtspunkten noch aus der Sicht eines professionellen Geschichts-Journalisten. Nur mit Mühe findet man Abstand und Objektivität. Schon deshalb erwarten Sie in diesem Artikel keine tiefgreifenden Gedanken. Es reicht schon zusammenzufassen, was geschehen ist.
Der große Tag für die Gegendenkmal-Initiative begann um fünf Uhr nachmittags mit einer Pressekonferenz vor einer ausgewählten Öffentlichkeit und Journalisten mit Unterlagen der Gegner des Denkmals für die in Novy Bor kurz nach Kriegsende hingerichteten Deutschen. Aber der gestrige Protest richtete sich eigentlich nicht gegen das Denkmal, sondern vielmehr gegen ein Schauspiel, das das Schauspielstudio aus Usti nad Labem nach den Motiven der Novelle von Jan Tichy einstudiert hatte und gestern im hiesigen Theater aufführte.
Die Demonstranten wurden unter anderem durch die Anwesenheit von Jana Bobosikova unterstützt, deren grün gekleideten Anhänger das Entfernen des Denkmals aktiv befürworten. Das Hauptszenario des Protestes spielte sich vor dem Theater ab, das den Besuchern ein weniger traditionelles und konfortables Entrée bot.
Die eigentliche Theatervorstellung verlief trotz prognostizierter Befürchtungen ruhig. Somit konnte jeder dieses schwere und zum Nachdenken anregende Theaterstück nach eigenem Gusto inhalieren. Für die Theaterleute blieb bisher in allen Diskussionen über Tichys Werk und über das Denkmal wenig Raum. Deshalb sprach ich bei der Pressekonferenz im Grandhotel keinen der Redner an, ihre Argumente sind mir ja auch bereits zur Genüge bekannt. Stattdessen suchte ich den Direktor des Schauspielstudios Herrn Jaroslav Achab Haidler auf, der abseits stand und das muntere Geschehen beobachtete.
Hier seine Äusserung: “Am meisten erstaunt mich, dass Frau Bobošikova sich hier einen politischen Tabakladen aufbaut, ohne sich die Vorstellung angesehen zu haben. Das überrascht mich sehr und ich merke, den Herrschaften geht es gar nicht um das Schauspiel, sondern vielmehr um das Denkmal, vermutlich nur deshalb, weil sie selber keines haben. Sie haben sich die Vorstellung ebenso wenig angesehen, wie Frau Bobošikova. Am meisten wollen sie anprangern, dass das Stück nach Motiven wahrer Ereignisse geschrieben wurde. Das Stück basiert aber tatsächlich auf wahren Begebenheiten. So etwas ist wirklich geschehen oder es wurde zugelassen, dass es geschah. Niemand behauptet aber, dass dies in Novy Bor passierte. Auch sagt niemand, dass Herr Träger ein guter oder schlechter Mansch war. Diese ganze Diskusion würde ich akzeptieren, wenn die Leute die Vorstellung wirklich gesehen hätten. Ich bin der Meinung, solange das Theater thematisiert, dass man eine Frau nicht mit Füßen tritt, egal ob sie Deutsche, Tschechin oder Jüdin ist, dass man sowas einfach nicht tut, sollte sich Frau Bobošikova keine Sorgen machen, auch nicht darüber, ob die Vorstellung von öffentlichen Steuern bezahlt wird. Es macht immer Sinn, den Leuten beizubringen, Mensch zu sein, unabhängig davon, mit welchem Thema.”
von Tomaš Cidlina
http://www.i-noviny.cz/novy-bor/fotozurnal-32-hodin-mezi-grandhotelem-prazak-a-divadlem
Sudetendeutscheer Pressedienst am 22.Februar 2011
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