An den vielleicht lächerlichsten, vielleicht aber auch peinlichsten Jahrestag in der Geschichte der Tschechoslowakei haben sich in den letzten Tagen nur wenige erinnert. Vor dreißig Jahren, am 25. November 1992, stimmten die bewegten Mitglieder der Bundesversammlung für ein Verfassungsgesetz, das die Auflösung der Tschechoslowakei bedeutete. Es handelt sich offenbar um den einzigen bekannten Fall der Selbstzerstörung eines demokratischen Staates mit demokratischen Mitteln in der Weltgeschichte.
So etwas wie die Schweiz
Heute ist es natürlich müßig, darüber nachzudenken, ob es vor mehr als einem Jahrhundert möglich gewesen wäre, ein selbstverwaltetes kantonales System nach Schweizer Vorbild aufzubauen, mit einem ähnlichen Milizsystem anstelle einer Armee. Dieses kühne demokratische Konzept wurde vom ersten Moment an abgelehnt, vor allem von den entscheidenden Mehrheiten der tschechischen und slowakischen Vertretung. Keiner von ihnen ließ sich von den Interessen des neuen Staates leiten, sondern ausschließlich von seinen eigenen Interessen.
Die tschechische Politik wird wahrscheinlich noch viele Jahrzehnte brauchen, bis sie begreift, dass wahre Demokratie auf dem Schutz der individuellen Rechte vor Machtmissbrauch beruht. Das Konzept der Tschechoslowakei entstand also ohne sichtbare gesellschaftliche Diskussion, mehr als Traum oder Versprechen für die Zukunft denn als kohärentes und ausgearbeitetes Programm.
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